Schatzsucher sind meist mit Metallsonden unterwegs
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Schatzsucher sind meist mit Metallsonden unterwegs

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#Faktenfuchs: Nein, Sondengeher dürfen nicht überall graben

Sondengeher in Bayern haben mehr Spielraum als anderswo. Trotzdem dürfen die Schatzsucher mit Metallsonde auch hier nicht alle Funde behalten. Denkmalschützer und Archäologen fürchten "Raubgräberei". Der #Faktenfuchs klärt, was Sondler wissen müssen.

Bayern gilt als Eldorado für Schatzsucher. Wer mit Metallsonden auf Tour gehen will, bewegt sich in Bayern beim sogenannten Sondeln nämlich nicht in so engen Grenzen wie in anderen Bundesländern. Denkmalschützer und Archäologen haben etwas dagegen.

Die genaue Zahl der Sondengeher ist nicht bekannt. Das Landesamt für Denkmalpflege schätzt, dass mehr als 15.000 Sondengänger in Bayern unterwegs sind. Das legen Beobachtungen in einschlägigen Foren nahe, wie eine Sprecherin des Landesamtes mitteilt. Namentlich bekannt seien dem Amt nur 3.500 Personen - "mehrheitlich aufgrund von Anzeigen beziehungsweise im Rahmen von polizeilichen Ermittlungen, etwa wegen Verstoßes gegen das Denkmalschutzgesetz, Verdacht der Unterschlagung oder Hehlerei", erläutert die Pressesprecherin.

Als BR24 im Mai über den Corona-Trend "Sondengehen" berichtete, gaben mehrere Nutzerinnen und Nutzer in den Kommentaren Hinweise auf die rechtlichen Grenzen und stellten Fragen, zum Beispiel, ob man einfach auf einem fremden Grundstück graben dürfe.

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Kommentare auf Facebook und Youtube zum BR24-Bericht über den Corona-Trend "Sondengehen"

Welche Gesetze gilt es zu beachten?

Für einen Gang mit der Metallsonde braucht man in Bayern zwar keine Erlaubnis einer Behörde – wohl aber die des Grundstückseigentümers. So steht es im bayerischen Denkmalschutz-Gesetz (DSchG).

Beim Graben dann wird es komplizierter. Eine Einwilligung von der Unteren Denkmalschutzbehörde im jeweiligen Landratsamt braucht nämlich, "wer auf einem Grundstück nach Bodendenkmälern graben oder zu einem anderen Zweck Erdarbeiten auf einem Grundstück vornehmen will, obwohl er weiß oder vermutet oder den Umständen nach annehmen muss, dass sich dort Bodendenkmäler befinden, …". Auch das regelt das Denkmalschutz-Gesetz. Allein die Vermutung, dass sich unter der Erde Bodendenkmäler finden lassen, reicht, dass man nicht mehr ohne Genehmigung graben darf.

Bodendenkmäler sind übrigens laut Denkmalschutz-Gesetz bewegliche und unbewegliche Denkmäler, die sich im Boden befinden oder befanden und in der Regel aus vor- oder frühgeschichtlicher Zeit stammen, also aus der Steinzeit bis zum späten Mittelalter. Keltenzeitliche Siedlungen oder Grenzanlagen wie der Limes sind Beispiele.

Was finden Sondengeher?

Manchmal nichts, manchmal Münzen, manchmal Waffen. Sie können auch auf Skelette stoßen oder andere historisch relevante Funde. Ein großer Markt ist der Handel mit Überbleibseln aus dem Zweiten Weltkrieg. "Eine große Szene sucht gezielt danach", sagte eine Sprecherin des Landesamts für Denkmalpflege auf eine frühere Anfrage von BR24. In Aying etwa fanden zwei Männer ein Schlüsselgerät 41, ein Chiffriergerät aus dem Zweiten Weltkrieg, das wegen seiner Kurbel an der Seite auch "Hitlermühle" genannt wird.

Darf man also überall Sondengehen?

Nein. Im Bayerischen Denkmal-Atlas ist für jeden sichtbar, welche Bodendenkmäler bekannt sind. Diese nicht einmal zwei Prozent an Landesfläche sind laut Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege tabu für Sondengeher.

Weil die Grenzen eines Denkmals selten exakt zu bestimmen sind, gelte das auch für die unmittelbare Umgebung eines bekannten Bodendenkmals, in der weitere Denkmäler zu vermuten sind, schrieb Landeskonservator Sebastian Sommer in einer Stellungnahme für die Zeitschrift "Bayerische Archäologie", die immer noch gilt. Im Regelfall gelten 200 bis 300 Meter um das Bodendenkmal als Vermutungsfläche. In einigen Fällen kann der geschützte Bereich auch größer sein.

Auf mehr als 98 Prozent des Bodens in Bayern könne die Metallsonde ein sinnvolles Instrument sein, um noch unbekannte Bodendenkmäler zu finden. Doch auch auf diesen Flächen gilt es beim sogenannten Sondeln zu beachten, dass nicht nur der Grundstückseigentümer zustimmen muss. Sondengeher müssen auch die Entdeckung unberührt im Boden lassen und umgehend melden - und zwar der jeweiligen Unteren Denkmalschutzbehörde oder dem Landesamt für Denkmalpflege.

Für Wälder und Grünland nennt das Denkmalschutzgesetz zwar keine weiteren Einschränkungen. Aber das Landesamt rät davon ab, dort zu suchen. "Während in landwirtschaftlich genutzten Flächen Befunde in den obersten Schichten durch die mechanische Bearbeitung gestört sein können, sind Befunde in Wald und Grünland in der Regel direkt unter der Oberfläche sehr gut erhalten" sagt eine Sprecherin des Landesamtes. Hier wäre der Schaden durch eine unsachgemäße Entnahme einzelner Funde ungleich größer. Ob noch weitere Kriterien, wie zum Beispiel der Naturschutz für Sondengeher zu beachten sind, müsse jeweils abgeklärt werden.

Darf man die Schätze behalten?

In der Frage nach dem Eigentum liegt auch das Paradox in Bayern: Selbst wenn ein Sondengeher widerrechtlich gräbt - dem Finder gehört trotzdem die Hälfte des Werts des Fundes. Nach Paragraf 984 des Bürgerlichen Gesetzbuches steht in Bayern dem Entdecker die Hälfte des Eigentums zu, die andere Hälfte gehört dem Grundstückseigentümer. Wer sich nicht daran hält, begeht dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege zufolge eine Straftat: Unterschlagung.

Der Freistaat zeigt sich hier bislang großzügiger als alle anderen Bundesländer. Denn Bayern hat - anders als die 15 anderen Bundesländer - in seinem Denkmalschutzgesetz kein "Schatzregal". So heißt ein Passus, in dem steht, dass herrenlose Funde, die einen wissenschaftlichen Wert haben, ins Eigentum des Landes übergehen. Hierzulande gilt das eben nicht.

Um die Einführung eines Schatzregals wird schon lange gestritten. Denn mit der bisherigen Regelung gehen Probleme einher, die Denkmalschützer, Archäologen und Politiker und nicht zuletzt die Hobby-Archäologen umtreiben. "Die vielfältigen und teils unterschiedlichen Interessen von Sondengängern und Grundstückseigentümern - darunter auch Kommunen - sind uns bewusst", teilt eine Pressesprecherin des Bayerischen Wissenschaftsministeriums dem #Faktenfuchs mit. Deshalb sei 2020 vom Ministerium ein Arbeitskreis gebildet worden, der "möglichst" im Laufe des Jahres 2021 Lösungsmöglichkeiten entwickeln soll. Diesem Arbeitskreis gehören Fachleute des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, der Archäologischen Staatssammlung sowie von archäologischen Stellen verschiedener Landkreise an. Ob und wann eine neue Regelung kommt, ist noch nicht absehbar.

Wie viele Funde entgehen Wissenschaft und Forschung?

Das Grundproblem für Denkmalschützer und Archäologen: Die Mehrheit der Schatzsucher stelle ihre eigenen Regeln auf, bedauerte Sommer in seiner Stellungnahme und komme nicht der gesetzlichen Meldepflicht nach. Und eine Pressesprecherin teilt mit: "In den vergangenen Jahren meldeten jährlich zwischen 40 bis 50 Sondengänger dem Bayerischen Landesamt etwa 300 bis 400 Funde." Daneben gebe es eine Dunkelziffer nicht gemeldeter Funde von Raubgräbern.

Auch die Gesellschaft für Archäologie in Bayern stellt sich entschieden gegen den unkontrollierten Einsatz von Metalldetektoren. Unwissenschaftliche Raubgrabungen zerstörten massiv archäologisches Wissen - wodurch gemeinsame Geschichte verloren gehe, schrieb der Vorstand des Vereins in einem Interview. Die Gesellschaft setzte sich deshalb auch dafür ein, den Umgang mit Detektoren durch den Gesetzgeber in Bayern besser regeln zu lassen. Bisher ohne Erfolg.

Fazit

Schatzsucher haben in Bayern den Anspruch auf die Hälfte des Werts ihres Fundes. Sie dürfen aber nicht überall mit Metallsonden suchen und vor allen Dingen nicht überall graben. Bayern hat - anders als die 15 anderen Bundesländer - keine Regelung, wonach herrenlose Funde von wissenschaftlichem Wert ins Eigentum des Landes übergehen. Um eine solche Regelung streitet die bayerische Politik seit Jahren. Derzeit soll ein Arbeitskreis, der vom Wissenschaftsministerium eingerichtet wurde, Lösungsansätze entwickeln.

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